AOK-Bundesverband eGbR|09.04.2025
PRESSEMITTEILUNG
Zum Koalitionsvertrag von Union und SPD: Richtige Reformziele, wenig Konkretes zur finanziellen Entlastung
"Nach Durchsicht des Kapitels zu den Themen Gesundheit und Pflege im final verhandelten Koalitionsvertrag bestätigt sich unsere Befürchtung: Offenbar hat die zuständige Arbeitsgruppe den Hauptverhandlern eine fachpolitische Wunschliste übergeben, ohne dass die Prioritäten und die tatsächlichen Handlungsspielräume im Kontext der Gesamt-Agenda realistisch eingeschätzt worden sind. Es ist ernüchternd, dass von den ursprünglichen konkreten Vorschlägen zur Entlastung der Kranken- und Pflegeversicherung so gut wie nichts übriggeblieben ist.
Ein Hoffnungsschimmer ist jedoch die klar formulierte Absicht, die strukturelle Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen und die seit Jahren steigende Ausgabendynamik zu stoppen. Dieses Ziel begrüßen wir ausdrücklich, allerdings brauchen wir mehr Tempo und Konkretisierung.
Eine der wenigen konkreten Zusagen ist, dass der bisher der GKV zugeschriebene Finanzierungsanteil am Krankenhaus-Transformationsfonds aus Mitteln des Sondervermögens Infrastruktur und somit aus Steuermitteln gespeist werden soll. Insgesamt bleibt die zukünftige Koalition in den Bereichen Gesundheit und Pflege aber weit hinter den Erwartungen und den eigentlich notwendigen Reformschritten zurück. Statt Antworten auf die drängenden Finanzprobleme bei GKV und SPV zu geben, werden Kommissionen gegründet.
Echte Entlastungen für die Beitragszahlenden sind perspektivisch nicht erkennbar. Konkrete Maßnahmen zur nachhaltigen Stabilisierung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sucht man vergeblich. Vor allem die Frage, wann der Bund endlich seiner Verantwortung für die Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Beziehenden und weiterer versicherungsfremder Leistungen angemessen nachkommt, bleibt weiterhin unbeantwortet. Im Gegensatz zu den letzten beiden Koalitionen scheint man dieses Thema nicht mehr auf der Agenda zu haben.
Wer in dem Papier nach Strukturreformen zur wirksamen Begrenzung der Ausgaben sucht, findet zumindest einige Vereinbarungen. So sind die Ankündigung eines verbindlichen Primärarztsystems und der lange überfälligen Notfall- und Rettungsdienstreform zu begrüßen. Aber das Problem der ungebremst steigenden Arzneimittelpreise spart die neue Koalition komplett aus - und in Richtung Apotheken sollen die Ausgabenschleusen sogar noch weiter geöffnet werden. Das Thema Wirtschaftlichkeit der Versorgung scheint für die Koalitionäre kaum eine Rolle zu spielen - anders lassen sich die geplanten Einschränkungen bei den Regressprüfungen für Ärztinnen und Ärzte und bei den Rechnungsprüfungen für die Krankenhäuser kaum interpretieren.
Wir werden die Arbeit der schwarz-roten Koalition konstruktiv begleiten und wünschen den Beteiligten gerade angesichts der schwierigen internationalen Rahmenbedingungen viel Erfolg. Mit diesem gesundheits- und pflegepolitischen Fahrplan ist allerdings viel Klärungs- und Konkretisierungsbedarf verbunden."
Pressekontakt:
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